Im Mai dieses Jahres wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung veröffentlicht. Nachdem bereits seit 2022 elektronische Niederschriften im Rahmen der notariellen Online-Verfahren errichtet werden können, soll es diese Möglichkeit künftig auch im Präsenzverfahren – also bei Anwesenheit der Beteiligten im Notarbüro – geben. Hierdurch lassen sich Digitalisierungslücken schließen, Medienbrüche vermeiden und Notariate, Gerichte sowie weitere Urkundenstellen entlasten.
Abbau von Medienbrüchen
Notarielle Urkunden werden bereits seit dem Jahr 2007 für den elektronischen Rechtsverkehr digitalisiert und seit dem Jahr 2022 im Elektronischen Urkundenarchiv digital verwahrt. „Dies hat jedoch zur Folge, dass die Papierurkunden nach der notariellen Beurkundungsverhandlung eingescannt werden müssen. Das ist nicht nur zeit- und arbeitsintensiv, sondern enthält auch aufwendige Medientransfers“, berichtet Clemens Neuschwender, Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz. Nachdem im Anwendungsbereich der notariellen Online-Verfahren bereits seit dem Jahr 2022 elektronische Niederschriften errichtet werden können, soll diese Möglichkeit künftig auch im bewährten Präsenzverfahren eingeführt werden. „Die so digital errichteten Urkunden können anschließend ganz ohne Medienbruch in die elektronische Urkundensammlung eingestellt und an die Registergerichte oder die Grundbuchämter für den weiteren Vollzug übersandt werden“, führt Neuschwender aus.
Praktische Umsetzung
Im Ablauf des Beurkundungsverfahrens ändert sich durch die Errichtung der Niederschrift in elektronischer Form insbesondere der Vorgang des Unterschreibens durch die Beteiligten und die Notarin oder den Notar. „Die Beurkundung findet hingegen weiterhin in Präsenz statt“, betont Neuschwender. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Beteiligten die Unterschrift in Gegenwart des Notars eigenhändig auf einem für die elektronische Erfassung geeigneten Hilfsmittel – beispielsweise auf einem Unterschriftenpad – leisten können. Die Notarin oder der Notar signiert im Anschluss qualifiziert elektronisch und erzeugt damit eine sogenannte originär elektronische Urkunde. „Der bewährte Akt der eigenhändigen Unterschrift als Ausdruck der Genehmigung der Niederschrift wird durch dieses Verfahren in die elektronische Welt übertragen. Auch der vollwertige Schutz der Authentizität und Integrität ist durch die stets notwendige qualifizierte elektronische Signatur der Beurkundungsperson gewährleistet“, so Neuschwender. Die Entscheidung, ob eine originär elektronische Niederschrift errichtet wird, soll dabei der Notarin bzw. dem Notar vorbehalten bleiben. Eine Ausnahme gibt es lediglich bei Verfügungen von Todes wegen. Diese müssen weiterhin in Papierform errichtet werden.
Bereitstellung eines Signatursystems durch die Bundesnotarkammer
Technisch wird die Einführung der elektronischen Präsenzurkunde durch die Bundesnotarkammer betreut, die den Notarinnen und Notaren auch die erforderliche Signaturanwendung bereitstellt. „Damit ist sichergestellt, dass die erforderliche Softwareausstattung flächendeckend und unkompliziert zur Verfügung steht“, hebt Neuschwender hervor. Die Bundesnotarkammer hat hierzu bereits erfolgreich einen Prototyp entwickelt, mit dem das elektronische Beurkundungsverfahren in Präsenz erprobt wird.
Bedeutung auch über den notariellen Bereich hinaus
Mit der Einführung der elektronischen Präsenzbeurkundung sollen aber auch andere Urkundenstellen, wie zum Beispiel die Nachlassgerichte, digitale Urkunden erstellen können. „Damit trägt die Einführung originär elektronischer Urkunden auch wesentlich zur Digitalisierung der Justiz bei und hat somit hohe Bedeutung auch über den notariellen Bereich hinaus“, ist sich Neuschwender sicher. Denn durch die elektronische Urkunde werden auch in den Gerichten Medienbrüche vermieden und der weitere Ausbau der E-Akte beschleunigt.
Digitalisierung der Kommunikation zwischen Notariat und Behörden
Neben der Einführung der elektronischen Präsenzurkunde strebt die Bundesnotarkammer mit weiteren Vorhaben eine umfassende Digitalisierung des Notariats an. Beispielsweise soll mit dem Projekt „elektronischer Notar-Verwaltungsaustausch“ – kurz eNoVA – künftig die im Zuge der Abwicklung von Immobilienverträgen stattfindende Kommunikation der Notarbüros mit öffentlichen Stellen vollumfänglich digitalisiert werden. Zur Umsetzung des elektronischen Vollzugs bietet eNoVA in seiner ersten Ausbaustufe seit dem Frühjahr 2024 die Möglichkeit zur Übermittlung von Mitteilungen an die Gutachterausschüsse an. Perspektivisch werden in zeitlich versetzen Stufen weitere Vollzugsschritte, insbesondere die steuerlichen Mitteilungspflichten samt Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Finanzamt sowie die Einholung behördlicher Genehmigungen und Vorkaufsrechtsanfragen digitalisiert und in eNoVA eingebunden. Notarinnen und Notare haben dann die Möglichkeit, vollständig papierlos zu arbeiten. „Das ist nicht nur nachhaltig und ressourcenschonend, sondern reduziert auch den Arbeitsaufwand in den Notarbüros erheblich“, freut sich Neuschwender.